FAU EAM Mitglied Karl Mandel erhält ERC Consolidator Grant

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Zwei Consolidator Grants für die FAU – Materialchemiker Karl Mandel und Neurowissenschaftler Tomohisa Toda erhalten Förderung des ERC

Es ist ein erneuter Beleg für die herausragende Forschungsstärke der FAU: Gleich zwei Wissenschaftler sind mit einem Consolidator Grant des Europäischen Forschungsrates (ERC) ausgezeichnet worden. Prof. Dr. Karl Mandel will Materie so funktionalisieren, dass sie Auskunft über zurückliegende Umwelteinflüsse geben kann. Prof. Dr. Tomohisa Toda untersucht, welche Rolle RNA bei der Aufrechterhaltung der Gehirnfunktion spielt und wie die Erkenntnisse zur Vorbeugung und Behandlung altersbedingter neurologischer Krankheiten genutzt werden können. Der ERC Consolidator Grant ist mit zwei Millionen Euro dotiert und umfasst einen Förderzeitraum von fünf Jahren.

Will Material zum Sprechen bringen: Prof. Dr. Karl Mandel

Materialien müssen viel aushalten: Sie sind Umwelteinflüssen wie Hitze, Kälte oder Feuchtigkeit ausgesetzt, mechanische Belastungen wirken auf sie ein, und bei ihrer Herstellung muss sichergestellt sein, dass Prozessierungsschritte erfolgreich waren – dass zum Beispiel Materialverbünde zuverlässig verklebt sind. Prüfverfahren, die das Material „durchleuchten“, sind aufwändig und teuer. Nicht zuletzt deshalb werden Bauteile vorsorglich ausgetauscht oder Produkte einfach weggeworfen, anstatt sie zu recyceln, obwohl sie unter Umständen noch genutzt werden könnten.

Karl Mandel, Professor für Anorganische Chemie an der FAU und Leiter der Partikeltechnologie am Fraunhofer-Institut für Silicatforschung ISC in Würzburg, will das ändern. Er will Materie so funktionalisieren, dass sie ihre Geschichte erzählen kann. „Materialien und Bauteile sollen in die Lage versetzt werden, Umwelteinflüsse wahrzunehmen, aufzuzeichnen und uns dann mitzuteilen – und zwar über den gesamten Lebenszyklus hinweg“, erklärt er.

Prof. Dr. Karl Mandel in einem Labor.
Prof. Dr. Karl Mandel (Bild: FAU/Georg Pöhlein)

Kern seiner Vision sind sogenannte Suprapartikel mit einer Größe von wenigen Mikrometern, die aus zwei zentralen Komponenten zusammengesetzt sind: magnetischen Signalübermittlern auf Basis von Eisenoxid – also im Prinzip Rost – und nichtmagnetischen Sensibilisatoren. „Werden die jeweiligen Sensibilisatoren spezifisch durch Umwelteinflüsse wie Temperatur, Feuchtigkeit oder mechanische Belastungen verändert, verändert sich die Struktur der gesamten Suprapartikel und damit die magnetischen Interaktionen der Signalübermittler-Bausteine“, sagt Mandel. „Das wollen wir magnetisch auslesen und quantitativ mit den Umwelteinflüssen korrelieren.“ Als einfaches Beispiel nennt Mandel Kochsalz, das unter Einwirkung von Feuchtigkeit strukturell degradiert und in Verbindung mit dem Eisenoxid als Feuchtigkeitsanzeiger dienen könnte.

Das Prinzip des „Smart Rust“ will Karl Mandel auf verschiedene Bereiche übertragen: Eine flächendeckende, zerstörungsfreie Materialprüfung könnte die vorausschauende Wartung vereinfachen. In Recyclingprozessen ließe sich leichter entscheiden, ob Materialien weiterverwendet können oder aussortiert werden müssen. Auch zur Industrie 4.0 könnte das Verfahren einen wichtigen Beitrag leisten, weil das magnetische Muster Aufschluss darüber geben kann, ob Prozesse korrekt ausgeführt wurden und die Funktionalität der Bauteile gewährleistet ist. Die Besonderheit bei all diesen Szenarien: Die Information kann aus dem Inneren der Materialien abgerufen werden – aus Bereichen, in die man bisher nicht so einfach „hineinschauen“ kann.

Karl Mandel ist seit 2020 Professor für Anorganische Chemie an der FAU und seit 2014 Leiter der Gruppe Partikeltechnologie am Fraunhofer-Institut für Silicatforschung ISC in Würzburg. Er wurde 2013 an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg in Chemie promoviert. Sein Forschungsinteresse gilt der Herstellung von Suprapartikeln mit neuen und unerwarteten Eigenschaften und ihren Einsatz als intelligente Objekte, die einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten.

Will herausfinden, was Neuronen robust macht: Prof. Dr. Tomohisa Toda

Neuronen, die Nervenzellen unseres Gehirns, sind extrem langlebig und werden kaum durch neue Zellen ersetzt. Deshalb ist es elementar für sie, dass sie ihre Funktion und ihren Zelltyp robust aufrechterhalten. „Das Verständnis der grundlegenden Mechanismen für die Langlebigkeit und das Fortbestehen von Neuronen ist der Schlüssel zur Vorbeugung und Behandlung altersbedingter neurologischer Krankheiten“, sagt Prof. Dr. Tomohisa Toda, Professor für neurale Epigenomik an der FAU.

Tomohisa Toda

Bereits im Rahmen des mit einem ERC Starting Grant geförderten Projektes EAGER hat Toda die Mechanismen untersucht, die den zelltypspezifischen epigenetischen Programmen im Gehirn zugrundeliegen. Epigenetik bezeichnet zelluläre Prozesse, die die Aktivität von Genen beeinflussen, jedoch nicht auf einer Änderung der DNA-Sequenz beruhen. „Mein Team konnte mehrere proteinbasierte Mechanismen aufgedecken, die für die langfristige Funktion von Nervenzellen verantwortlich sind“, erklärt der Neurowissenschaftler.

Parallel zu diesen Mechanismen hat die von Tomohisa Toda geleitete Arbeitsgruppe nun herausgefunden, dass bestimmte Zellkern-RNA sehr stabil und möglicherweise an der langfristigen epigenetischen Regulierung im Gehirn beteiligt sind. In der Regel sind RNA recht kurzlebig, weil sie von Enzymen permanent ab- und zu neuen RNA-Strängen umgebaut werden.

In NEUTIME, so der Name des aktuellen ERC-geförderten Projektes, wird das Toda-Labor die Rolle dieser Zellkern-RNA bei der Aufrechterhaltung der Gehirnfunktion und bei Prozessen der Gehirnalterung untersuchen. Toda: „Unser Ziel ist es, tiefere Einblicke in die epigenetische Regulierung durch RNA zu gewinnen. Damit wollen wir auch herausfinden, wann der RNA-Stoffwechsel zu biologischer Dysregulation und schließlich zu altersbedingten neurologischen Erkrankungen führt – und was wir möglicherweise dagegen tun können.“

Tomohisa Toda promovierte 2011 in Neurowissenschaften an der Universität Tokio. Als Postdoc wechselte er an das Salk Institute for Biological Studies in San Diego, USA, wo er die epigenetischen Mechanismen adulter neuronaler Stammzellen untersuchte. 2019 wurde er mit einem ERC Starting Grant ausgezeichnet und gründete eine Forschungsgruppe am Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e.V. (DZNE) in Dresden. Im Rahmen der High-Tech-Agenda Bayern wechselte Toda 2022 an die FAU und das Max-Planck-Zentrum für Physik und Medizin (MPZPM) Erlangen.